Der Pferdezahn stösst zeitlebens in die Maulhöhle nach, während er durch die Kautätigkeit schrittweise abgerieben wird. Er scheint lebenslang zu «wachsen». In Wirklichkeit wird allerdings durch das herausschieben des Zahns die Wurzel entsprechend kürzer. Da kein echtes Längenwachstum stattfindet, verbraucht sich die Zahnsubstanz im Laufe eines Pferdelebens. Es gibt keinen definierten Zeitpunkt, an dem altersbedingte Zahnprobleme erscheinen. Ihm fortgeschrittenen Alter von in etwa 30 Jahren sind dann häufig nur noch Zahnüberreste vorhanden, die kein Raufutter mehr verarbeiten können.
Um eine möglichst hohe Lebenserwartung erreichen zu können, ist schon ab dem 3. Lebensjahr eine regelmässige Kontrolle des Gebisses notwendig. Eine jährliche Zahnbehandlung durch einen fachkompetenten Tierarzt kann Probleme im höheren Alter vorbeugen.
Eine grundlegende Voraussetzung für die Untersuchung der Maulhöhle und Behandlung der Zähne ist die Verabreichung eines Beruhigungsmittels. Auch beim älteren Patienten ist eine Sedation nach einer gründlichen Allgemeinuntersuchung (Herz-Kreislaufapparat) und der richtigen Wahl der Dosierung immer möglich. Ein ruhiger Behandlungsstandort mit festem Untergrund ist eine zusätzliche Grundvoraussetzung für eine professionelle Zahnbehandlung.
Zu einer korrekten Behandlung der Zähne gehört der Einsatz eines Maulgatters. Daher müssen vorerst die Schneidezähne auf Stabilität, festen Sitz und Schmerzhaftigkeit überprüft werden. Bei lockeren und schmerzhaften Zähnen kann es zu plötzlichen Abwehrreaktionen kommen.
Bei der Planung der Zahnbehandlung sollte immer der Allgemein- und Gewichtszustand sowie die Möglichkeit der Futterverwertung (Kann noch Heu gefressen werden?) genau eruiert werden. In der Regel führt eine zurückhaltende Vorgehensweise viel eher zum Ziel. Lockere Zähne und Zahnspitzen, welche die Zunge und die Backenschleimhaut verletzen, sind zu entfernen. Zähne, die stark erhöht sind, sollten abgeraspelt werden, damit der Druck auf den Kauflächen gleichmässig verteilt ist und das Raufutter auch im hohen Alter noch verwertet werden kann.
Durch die Veränderungen im Maul nach der Zahnbehandlung kann es vorübergehend zu einem veränderten Fressverhalten kommen. Die Verabreichung eines Schmerzmittels ist dann oft sehr hilfreich.
Man muss akzeptieren, dass meistens keine funktionelle Kaufläche mehr hergestellt werden kann. An dieser Stelle wird der zahnbehandelnde Tierarzt zum Ernährungsberater. Hierfür bietet der Markt ein grosses Angebot an Futtermittel für Senioren oder Pferde mit Kauproblemen.
Dr. med. vet. Christoph Jäggin FVH & Dr.med. vet. Anna Schwendner, Pferdepraxis für Zahnheilkunde, Hofstetten SO